Weitere Studienergebnisse — Linguistic Landscapes (3/3)

In den vorherigen Beiträgen wurden bereits die theoretischen Grundlagen und die Methode sowie die Ergebnisse zu Signs an Bekleidungsgeschäften aus meiner Studie zu Linguistic Landscapes in Augsburg vorgestellt. Nun folgen die weiteren Ergebnisse zu den Signs an Restaurants und Telefongeschäften. 2. Signs an Restaurants Bei den Signs an Restaurants wurden hier auch die Namen ausländischer Gerichte generell als Deutsch gezählt, da diese in der Regel nicht übersetzt werden. Eine Menükarte mit der Überschrift ’drinks’ würde hingegen als Englisch gewertet werden. Mit 94 Signs in der Innenstadt ist die Datenmenge hier deutlich geringer als bei den Bekleidungsgeschäften. Nur wenige Signs enthalten hier ausschließlich brand names, was vermutlich daran liegt, dass es sich hauptsächlich um Speisekarten bzw. Auszüge von Menüs handelt oder häufig zusätzlich zum Firmennamen auch die Art des Unternehmens (z.B. ‚Bäckerei‘) angegeben wird. Die meisten Signs sind einsprachig Deutsch, gefolgt von Englisch, Chinesisch und Italienisch. Zweisprachige Signs enthalten neben Deutsch Englisch oder Italienisch. Während bei der Verwendung von Chinesisch und Italienisch ein deutlicher Bezug zu jeweils landestypischen Gerichten besteht, ist Englisch an allen möglichen Restaurants zu finden, ohne dass eine Beziehung zur britischen/amerikanischen Küche erkennbar ist. In Oberhausen sind ähnlich viele Signs vorhanden und auch diese sind meist Deutsch, bei den mehrsprachigen Signs sind hier allerdings mehr Sprachen vertreten als in der Innenstadt. So finden sich dort neben Deutsch und Englisch auch Kombinationen mit Spanisch, Türkisch, Französisch und Arabisch. Auch bei den Restaurants waren einsprachige, nichtdeutsche Signs niemals allein vertreten. Auf mehrsprachigen Signs sind die Informationen in beiden Erhebungsgebieten meist komplementär angeordnet. Bei den fragmentarischen Signs handelt es sich um bilinguale Speisekarte in Deutsch und Italienisch bzw. Deutsch und Türkisch. Hier scheint der Multilingualismus nicht nur eine dekorative, sondern auch eine informative Funktion zu besitzen. Bei den deutsch-italienischen Signs folgt in Überschriften auf die italienische Bezeichnung eine deutsche Übersetzung, der Großteil der Texte ist jedoch Deutsch. Die türkisch-deutsche Speisekarte ist beinahe duplizierend, enthält jedoch auf Deutsch mehr Angaben zu den Zutaten der jeweiligen Gerichte. Ein Grund dafür könnte sein, dass für türkischsprachige Gäste die Gerichte vermutlich weniger unbekannt sind als für deutschsprachige. Bei den Signs in der folgenden Abbildung handelt es sich um verdeckten Multilingualismus, das heißt zwei einsprachige Signs bilden eigentlich zusammen ein mehrsprachiges (Reh 2004:3-5). Dies betrifft allerdings nur die Bezeichnungen der Gerichte auf Deutsch und Arabisch, das Angebot „nimm 2 zahl 1“ ist auf beiden Signs Deutsch. Hier soll wahrscheinlich geziehlt eine arabischsprachige Zielgruppe angesprochen werden und auch der arabische Name des Inhabers weist darauf hin, dass dieser Teil der selben ethnolinguistischen Gruppe ist. 3. Signs von Telefongeschäften In beiden Erhebungsgebieten sind weniger Telefongeschäfte als Bekleidungsgeschäfte und Restaurants vorhanden, doch pro Geschäft wurden deutlich mehr Signs festgestellt. In beiden Erhebungsgebieten überwiegen einsprachige Signs, gefolgt von brand names ohne zusätzlichen Text und mehrsprachigen Signs. Unter den 10 Geschäften in der Innenstadt sind vier Filialen desselben Telekommunikationsunternehmens und zwei Filialen eines anderen, sodass diese sich jeweils nur geringfügig unterscheiden und ein Großteil der Signs äußerlich identisch ist. Bei ersterem Unternehmen lässt sich die Anzahl verschiedener Signs (Typen) um die Hälfte reduzieren, wenn diese zusammengefasst werden. Bei letzterem können die Signs hingegen weniger zusammengefasst werden. Durch die Wiederholung von Filialen derselben Firmen wird also die Vielfalt an unterschiedlichen Signs im Erhebungsgebiet verfälscht. Dennoch sind diese Signs zwar in ihrer äußeren Form gleich, können jedoch im Kontext unterschiedlich platziert sein und sich damit in ihrer Gesamtbedeutung unterscheiden. Außerdem besitzen sie verschiedene Produzenten und eventuell auch Rezipienten, sodass diese Signs nur bei einer rein quantitativen Analyse zusammengefasst werden könnten. Im Rahmen einer Definition, bei der Signs gesamte Schaufenster umfassen, wären die Signs der Filialen in diesem Fall ebenfalls nicht identisch. In der Innenstadt sind die meisten der einsprachigen Signs Deutsch, gefolgt von Englisch und Türkisch. Von den mehrsprachigen Signs ist der Großteil Deutsch und Englisch, ein Sign enthält Englisch, Türkisch und Rumänisch und zweimal wurde sogar ein Sign mit 21 Sprachen gefunden: In Oberhausen ist der Anteil von Deutsch an der Gesamtheit der einsprachigen Signs etwas geringer; die weiteren Sprachen sind Englisch und Türkisch. Die mehrsprachigen Signs enthalten Kombinationen aus Deutsch und Englisch, Englisch und Französisch sowie zweimal 6 bzw. 7 Sprachen. Auch hier überwiegen also Deutsch und Englisch auf mehrsprachigen Signs. Bei dem Sign mit 6 Sprachen handelt es sich um ein Schild, dass über die Verfügbarkeit von freiem WLAN informiert; das Sign mit 7 Sprachen ist Werbung für Geldtransfer in verschiedene Länder mit Übersetzungen in die jeweiligen Landessprachen. Letzteres ist übrigens noch ein Beispiel dafür, wie schwer sich einzelne Signs definieren lassen. Aufgrund der Umrahmung wurden die zweisprachigen Einzelteile hier als ein gemeinsames Sign gezählt, doch man könnte diese auch als unabhängige Signs einordnen. Unter den Telefongeschäften in Oberhausen befinden sich keine mehrfach auftretenden Filialen desselben Unternehmens. Dennoch sind an vielen Geschäften Signs derselben Telekommunikationsunternehmen oder Finanzdienstleister zu finden. Einige davon sind auch in in der Innenstadt vertreten. Bemerkenswert ist dabei vor allem, dass die Signs dieser Unternehmen in Oberhausen auch an Lebensmittelgeschäften und ähnlichem zu finden sind. Die einzelnen Geschäfte lassen sich hier also nicht immer eindeutig einer einzigen Branche zuordnen; der Inhalt ihrer Signs kann sehr heterogen sein. Der Großteil der mehrsprachigen Signs in beiden Erhebungsgebieten ist komplementär aufgebaut. Dies lässt sich auch hier durch die symbolische Verwendung der Sprachen in Slogans oder kurzen Schlagwörtern erklären, bei denen die inhaltliche Bedeutung weniger wichtig ist. In diesem Sinne wirkt das duplizierende Sign eher ungewöhnlich, auf dem der Text ’freies WLAN’ extra in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Das Telefongeschäft mit diesem Sign ist jedoch gleichzeitig ein Internetcafé, sodass durch die vielen verwendeten Sprachen sich vermutlich zunächst möglichst viele Kunden angesprochen fühlen sollen, um dann eventuell zusätzlich kostenpflichtige Dienste zu nutzen. Fazit Ein grundlegender Unterschied zwischen den Branchen besteht in den Arten von verwendeten Signs. Während Bekleidungs- und Telefongeschäfte hauptsächlich auf Deutsch und Englisch (in Slogans und Schlagwörtern) zurückgreifen, existiert bei den Sprachen auf Signs von Restaurants auch ein Bezug zur Herkunft der jeweiligen Gerichte. Häufig werden dabei auch mit zusätzlichen Symbolen wie Flaggen Assoziationen mit einem bestimmten Land erweckt. Insgesamt wird in Augsburg Oberhausen, entsprechend der potentiellen Zielgruppe, häufiger Türkisch verwendet; sowohl in kurzeren Abschnitten mehrsprachiger Signs als auch in hervorgehobenen Positionen sowie einsprachig türkischen Signs. Dieses Ergebnis korreliert mit dem höheren Anteil türkischstämmiger Bevölkerung im Vergleich zur Innenstadt. Ebenso lassen sich verschiedene Funktionen der verwendeten Sprachen feststellen. Deutsch tritt erwartungsgemäß am häufigsten und meist in informativer Funktion auf, während Englisch auf kurze Textteile begrenzt ist und dabei mehr assoziativ wirkt. Türkische Textpassagen bzw. Signs besitzen dagegen informativen Gehalt, der teilweise ausschließlich in Türkisch verfügbar ist, was sich sich mit der Ausrichtung an der Zielgruppe erklären lässt. Da der englischsprachige Anteil an der Bevölkerung sehr gering ist, richten sich englische Slogans hauptsächlich an die deutschsprachige Zielgruppe und enthalten kaum relevante Informationen, um das Verständnis zu gewährleisten. Für Touristen ohne Deutschkenntnisse wäre der englische Anteil der Signs hingegen meist nicht ausreichend, um ihren Inhalt zu erfassen. Falls Sie Fragen und Anmerkungen zu meiner Studie oder zu Linguistic Landscapes im Allgemeinen haben oder gerne die vollständige Arbeit lesen möchten, setzten Sie sich gerne mit mir in Verbindung. Quellen Backhaus, Peter (2006): „Multilingualism in Tokyo: A look into the linguistic landscape“. International Journal of Multilingualism, 3(1), 52-66. Cenoz, Jasone, & Gorter, Durk (2006): „Linguistic landscape and minority languages“. International Journal of Multilingualism, 3(1), 67-80. Edelman, Louise Jeanne (2010): Linguistic landscapes in the Netherlands: A study of multilingualism in Amsterdam and Friesland. Amsterdam Center for Languages and Communication: LOT. Landry, Rodrigue, & Bourhis, Richard Y. (1997): „Linguistic landscape and ethnolinguistic vitality an empirical study“. Journal of language and social psychology 16(1). Sage Publications, 23-49. Leeman, Jennifer & Modan, Gabriella (2009) „Commodified language in Chinatown: A contextualized approach to linguistic landscape“. Journal of Sociolinguistics 13(3), 332-362. Reh, Mechthild (2004): „Multilingual writing: A reader-oriented typology—with examples from Lira Municipality (Uganda)“. International journal of the sociology of language 2004(170), 1-41. Sutherland, Paul (2015): „Writing System Mimicry in the Linguistic Landscape“. SOAS Working Papers in Linguistics (17), 147-167 Ueltzhöffer, Jörg (2003): Augsburg auf dem Weg zur Bürgerstadt. Zukunftsstudie, interkulturelles Hearing mit Sozialraumdaten. Augsburg: Stadt Augsburg (Augsburgs Handbuch der Sozialregionen 1). Weitere interessante Literatur zum Thema: Bagna, Carla & Machetti, Sabrina (2012): „LL and (Italian) menus and brand names: A survey around the world“. (Hélot et al.) Linguistic landscapes, multilingualism and social change, Frankfurt am Main [u.a.]. (Sprache, Mehrsprachigkeit und sozialer Wandel 16), 217-230. Blommaert, Jan & Huang, April (2010): ”Semiotic and spatial scope: Towards a materialist semiotics“. Working Papers in Urban Language and Literacies (62). 1-15. Jaworski, Adam & Crispin Thurlow (2010): ”Introducing semiotic landscapes“. (Jaworski & Thurlow) Semiotic landscapes: Language, image, space. 1-40. Kress, Gunther (2009): Multimodality: A Social Semiotic Approach to Contemporary Communication. London & New York: Routledge. Piller, Ingrid (2001): ”Identity constructions in multilingual advertising“. Language in society 30(02), 153-186. Scollon, Ron & Scollon Wong, Suzie (2003): Discourses in place: Language in the material world. London: Routledge. Hinweis: Die verwendeten Daten stammen von 2016, sind also nicht mehr ganz aktuell. Doch Studien zu Linguistic Landscapes begrenzen sich fast immer auf einen momentanen Zustand, da Linguistic Landscapes sich schnell verändern. Alle Bilder sind copryright-geschützt und jede Nutzung und Verbreitung untersagt.

Eine Linguistic-Landscapes-Studie — LL (2/3)

Beispiel einer Linguistic-Landscapes-Studie Im vorherigen Beitrag habe ich kurz die theoretischen Grundlagen zu Linguistic Landscapes vorgestellt. Nun möchte ich anhand einer eigenen Studie ein Beispiel für deren praktische Umsetzung in der sprachwissenschaftlichen Forschung zeigen. In Deutschland herrscht weder eine Diglossie-Situation, noch wird die Sprache im öffentlichen Raum stark reguliert. Ein interessantes Forschungsgebiet sind aber private signs, wie z.B. Poster oder Schaufenster, und wie sich diese je nach Hintergrund des Autors und der entsprechenden Zielgruppe unterschiedlich gestalten. Zum Beispiel habe ich 2016 im Rahmen meiner Studien eine Untersuchung der Signs an Geschäften in zwei verschiedenen Sozialregionen der Stadt Augsburg durchgeführt. Bei Erhebungsgebiet 1 (Innenstadt) handelt es sich um eine belebte Einkaufsstraße in der Fußgängerzone im Zentrum der Stadt, wo sich die Zielgruppe der Geschäfte aus Stadtbewohnern aller möglichen Schichten sowie Touristen zusammensetzt. Erhebungsgebiet 2 liegt in der Sozialregion Oberhausen, wo ein Großteil der nichtdeutschen Bevölkerung Augsburgs lebt (Ueltzhöffer 2003:139). Hier ist der Verkehr nicht eingeschränkt und die Zielgruppe besteht hauptsächlich aus Anwohnern. Methode Für die Studie wurden in beiden Erhebungsgebieten alle sichtbaren private signs an Geschäften oder Restaurants dokumentiert. Anschließend wurden die drei am häufigsten vertretenen Branchen bestimmt und die Sprachenanzahl, das Vorhandensein von Deutsch und von brand names und die Häufigkeit von deren Signs festgestellt. Signs mit identischem Textinhalt, aber verschiedenem Aussehen (Größe, Farbe, Font usw.) wurden als verschiedene Signs eingeordnet, da auch außersprachliche Faktoren die Bedeutung des Signs im Kontext beeinflussen können. Das bedeutet, dass in der Analyse zwischen Typ und Token eines Signs unterschieden wird. In der deutschen Alltagssprache verwendete Fremdwörter wurden dabei als Deutsch gezählt. Für Signs, die nur brand names enthalten, wurde Sprachenzahl=0 eingetragen; brand names wurden aber anschließend nicht weiter analysiert. Des Weiteren wurde für jedes Geschäft oder Restaurant untersucht, ob deutsche, einsprachig nicht-deutsche, mehrsprachige Signs oder Kombinationen daraus verwendet wurden. Ergebnisse Die drei häufigsten Branchen, die in den beiden Erhebungsgebieten auftreten, sind Bekleidung, Restaurants und Telefongeschäfte. Deutschsprachige Signs stellen insgesamt, wie zu erwarten, in beiden Erhebungsgebieten die Mehrheit dar, sodass insbesondere einsprachige nichtdeutsche sowie mehrsprachige Signs genauer untersucht wurden. 1. Signs an Bekleidungsgeschäften Bei Bekleidungsgeschäften in der Innenstadt wurden insgesamt 243 Signs (Tokens) gefunden. Damit ergibt sich ein Durchschnitt von 6,35 Signs pro Geschäft; darin sind allerdings Extremwerte von sowohl sehr wenigen als auch sehr vielen Signs enthalten. Die meisten Signs sind einsprachig (Deutsch, gefolgt von Englisch) und auch bei den zweisprachigen Signs handelt es sich um Kombinationen aus Deutsch und Englisch sowie Bairisch. Ein signifikanter Anteil an Signs enthält zudem ausschließlich brand names. Im Vergleich dazu ist der Datenumfang in Oberhausen geringer. Mit 124 Signs zu 12 Geschäften finden sich hier jedoch 10,33 Signs pro Geschäft. Auch hier sind die meisten einsprachig, gefolgt von brand names ohne zusätzlichen Text sowie zweisprachigen Signs. Der Anteil der zweisprachigen Signs an der Gesamtmenge ist hier mit 7% nur halb so groß wie in der Innenstadt, was aufgrund der interkulturellen Bevölkerung so nicht zu erwarten war. Mögliche Gründe sind dafür die Verwendung englischer Texte aus Marketing-Gründen in der Innenstadt und statistische Abweichungen aufgrund der geringeren Datenmenge in Oberhausen. Auch hier ist der Großteil der einsprachigen Signs deutsch, gefolgt von englisch und türkisch. Die zweisprachigen Signs enthalten jeweils Deutsch in Kombination mit Türkisch beziehungsweise Englisch. Aus einer Betrachtung der verschiedenen Sign-Kombinationen an jedem Bekleidungsgeschäft stellt sich heraus, dass an keinem der Geschäfte nur einsprachige, nicht-deutsche Signs vorhanden sind, sodass alle Geschäfte entweder nur deutsche Signs oder eine Mischung aus deutschen und ein- und/oder zweisprachigen Signs besitzen. Allerdings enthielten die beiden Signs an einem Geschäft nur einen brand name und können damit keiner Sprache zugeordnet werden. Möglicherweise gehören auch zusätzliche, bewegliche Signs zu diesem Geschäft, die zum Untersuchungszeitpunkt nicht sichtbar waren. In der Innenstadt sind die mehrsprachigen Signs fast ausschließlich komplementär aufgebaut, d.h. die abgebildeten Texte in jeweils unterschiedlichen Sprachen besitzen einen völlig verschiedenen Inhalt. Auch einige überlappende Signs wurden gefunden, bei denen sich der Inhalt der Texte in den verschiedenen Sprachen teilweise überschneidet (vgl. Reh 2004:8-14). In Oberhausen hingegen sind die meisten mehrsprachigen Signs duplizierend aufgebaut, d.h. mit gleichem Inhalt in beiden Sprachen. Allerdings ist dort die Gesamtmenge mehrsprachiger Signs geringer, sodass diese Zahlen statistisch nicht aussagekräftig genug sind. Generell handelt es sich bei den komplementären Texten aus der Innenstadt hauptsächlich um größtenteils deutsche Signs, die ein englisches Wort oder einen englischen Slogan enthalten. Dabei ist jedoch der Übergang zu überlappenden Texten fließend, wie z.B. bei folgendem Sign, wo das große Wort ‚SALE‘ die Botschaft übermittelt, dass Waren reduziert verkauft werden. Im deutschen Satz, der darunter in viel kleinerer Schrift steht, wird dies näher beschrieben. Hier zeigt sich auch, dass man nicht unbedingt mehrsprachig sein muss, um komplementäre multilinguale Signs verstehen zu können. Ebenso wie der gesamte Kontext des Signs trägt auch das %-Zeichen im Texthintergrund dazu bei, die Botschaft zu vermitteln. Auch bei dem einzigen fragmentarischen Sign in der Innenstadt wurde das englische ’click & collect’ nicht vollständig ins Deutsche übersetzt; stattdessen wurde der erste Teil durch das Symbol eines Computers und einer Maus ersetzt, gefolgt von ’hier abholen’. Diese Abbildung ist auch ein Beispiel dafür, dass die Bestimmung einzelner Signs in einem Schaufenster manchmal schwierig sein kann: Handelt es sich bei ‚Click & Collect‘ und ‚Shop online at c-a.com‘ um ein einziges Sign oder um zwei verschiedene Signs auf derselben Oberfläche? In meiner Studie wurden die beiden Texte als unterschiedliche Signs gezählt, doch das lässt sich nur von Fall zu Fall entscheiden. Häufig dienen englische Wörter dazu, Aufmerksamkeit zu erregen, wie zum Beispiel im obigen SALE-Aukleber oder auch mit einzelnen Anglizismen. Der Großteil der Informationen wird aber in der Regel auf Deutsch übermittelt. Auch die bairischen Texte ’I mog di’ und ’O’zapft is’ im folgenden Bild enthalten praktisch keinen informativen Gehalt, sondern besitzen im Zusammenhang mit Flagge, Tracht und Lebkuchenherz eine symbolische Bedeutung. Dadurch werden typische Assoziationen mit Bayern und insbesondere mit dem Oktoberfest erweckt. Bei den duplizierenden Signs aus Oberhausen handelt es sich hauptsächlich um einzelne Wörter oder kurze Sätze, die jeweils auf Deutsch und auf Türkisch geschrieben sind. wie z.B. in der folgenden Abbildung. Damit möchten die Produzenten vermutlich sowohl türkischstämmige als auch andere Zielgruppen ansprechen. Allerdings befinden sich im selben Schaufenster eine einsprachig türkische Liste mit den angebotenen Kleiderarten (links im Bild) sowie eine ebenfalls rein türkische Stellenanzeige, ohne deutsche Äquivalente für beide. Demnach scheinen in diesem Fall die Zielgruppe des Geschäfts also doch eher türkischsprachig und türkische Sprachkenntnisse eine Voraussetzung für Mitarbeiter zu sein.   Quellen Backhaus, Peter (2006): „Multilingualism in Tokyo: A look into the linguistic landscape“. International Journal of Multilingualism, 3(1), 52-66. Cenoz, Jasone, & Gorter, Durk (2006): „Linguistic landscape and minority languages“. International Journal of Multilingualism, 3(1), 67-80. Edelman, Louise Jeanne (2010): Linguistic landscapes in the Netherlands: A study of multilingualism in Amsterdam and Friesland. Amsterdam Center for Languages and Communication: LOT. Landry, Rodrigue, & Bourhis, Richard Y. (1997): „Linguistic landscape and ethnolinguistic vitality an empirical study“. Journal of language and social psychology 16(1). Sage Publications, 23-49. Leeman, Jennifer & Modan, Gabriella (2009) „Commodified language in Chinatown: A contextualized approach to linguistic landscape“. Journal of Sociolinguistics 13(3), 332-362. Reh, Mechthild (2004): „Multilingual writing: A reader-oriented typology—with examples from Lira Municipality (Uganda)“. International journal of the sociology of language 2004(170), 1-41. Sutherland, Paul (2015): „Writing System Mimicry in the Linguistic Landscape“. SOAS Working Papers in Linguistics (17), 147-167 Ueltzhöffer, Jörg (2003): Augsburg auf dem Weg zur Bürgerstadt. Zukunftsstudie, interkulturelles Hearing mit Sozialraumdaten. Augsburg: Stadt Augsburg (Augsburgs Handbuch der Sozialregionen 1).   Hinweis: Die verwendeten Daten stammen von 2016, sind also nicht mehr ganz aktuell. Doch Studien zu Linguistic Landscapes begrenzen sich fast immer auf einen momentanen Zustand, da Linguistic Landscapes sich schnell verändern. Alle Bilder sind copryright-geschützt und jede Nutzung und Verbreitung untersagt.